Am liebsten schreibt Sigrid Beuss am Wohnzimmertisch, manchmal aber auch spät abends hinter der Bar, wenn der letzte Tanzkreis des Tages nach Hause gegangen ist. Seit ihre Großmutter ihr das Schreiben beigebracht hat, hat sie nicht mehr damit aufgehört und nun ihre Gedichte und Kurzgeschichten in einem Buch herausgebracht. „I feel it my way“ erscheint am 3. April 2018.
Auf dem Dachboden ihres Elternhauses stand eine alte Truhe. Sigrid Beuss steckte einen toten englischen Soldaten hinein – literarisch natürlich. „Ich beobachte die Welt um mich herum und die Menschen darin – das tut ja jeder Künstler. Und wenn ich einiges sehe und höre, dann setzt meine Fantasie ein und malt ein Bild, dass ich in Worten zu Papier bringe“, erläutert sie ihren Schaffensprozess.
Sigrid Beuss liebt Shakespeare und Goethe – Happy Ends sind nicht ihr Ding. „Muss ja auch nicht sein“, sagt sie. Sie schreibt über Herzen vom Grabbeltisch, über die Liebe zwischen Napoleon und Josephine, frei nach Tucholsky und frei Schnauze. „Ich schreibe über Dinge, wie ich sie sehe“, heißt es in ihrem Gedicht mit dem Titel „Realisten“.
„Tanzlehrer ist ein sehr extrovertierter Beruf, du bist immer von Menschen umgeben, interagierst mit ihnen. Schreiben ist für mich Entspannung“, sagt Sigrid Beuss. „Dann sitze ich da vor meinen leeren Seiten und bin ganz für mich, alleine in meinem Kopf.“ Immer wieder lud Sigrid Beuss Autoren zu Lesungen und Literatur-Matinees in die Tanzschule ein. Bis vor einigen Jahren schrieb sie ehrenamtlich für das Berliner Obdachlosen-Magazin „Straßenfeger“. Über viele Jahre pflegte sie enge Freundschaften zu Literaten – eine davon war die Lyrikerin Kristiane Allert-Wybranietz, die auch ihren ersten Gedichtband „Dreams and Feelings“ lektoriert hat.
„Ich habe immer viel gelesen“, erzählt Sigrid Beuss. „Wir hatten zu Hause viele Bücher – was für die damalige Zeit auf dem Land eher ungewöhnlich war. Aber schon mein Urgroßvater liebte es, zu lesen. Meine Großmutter brachte mir das Lesen und Schreiben bei, bevor ich zur Schule kam. Dort habe ich mich dann schrecklich gelangweilt, als ich in der ersten Klasse Buchstaben malen musste“, sagt sie lachend. Ihrer Großmutter begegnet man in „I feel it my way“ an einigen Stellen. „Auch meine Eltern haben mich immer dabei unterstützt, meine Talente zu entfalten.“ Als sie ein mal weinend eine Fünf in Mathe nach Hause brachte, sagte ihr Vater: „Was ist schon eine Fünf in Mathe? Die Fünfen, die dir das Leben geben wird, sind schlimmer.“ Diesen Fünfen begegnet man ebenfalls im Buch – Sigrid Beuss hat aus ihnen Gedichte gemacht.
Beuss schreibt grundsätzlich mit der Hand. „Ich muss die Seiten umblättern, lesen, muss Sätze streichen“, sagt sie. „I feel it my way“ veröffentlichte sie unter ihrem vollen Namen: Sigrid Beuss-Wilkening.
Von Alexandra Bersch.
Dieser Artikel ist erschienen in der ALLERdings April 2018.